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Von 2018 bis 2019 hat das fög in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Monika Roth (Hochschule Luzern) ein Forschungsprojekt mit dem Titel: "Unternehmen in der Krise – Einfluss von Krisen- und Compliance-Management auf die Reputation und Integritätswahrnehmung von Unternehmen" umgesetzt. Das Projekt wurde gefördert durch den KBA-NotaSys Integrity Fund.
Das Projekt untersuchte, inwiefern ein proaktives und transparentes Handeln in der Krise dazu beiträgt, Reputationsschaden vom Unternehmen abzuhalten oder sogar in einen Reputationsgewinn umzukehren. Die Befunde liefern neue Erkenntnisse zur Frage, wie Unternehmenskrisen durch ein entsprechenden Krisen-, Kommunikations- und Compliance-Management besser gemeistert werden können. Darüber hinaus geben die Befunde auch Antworten darauf, wie sich konkrete Handlungs- und Kommunikationsmassnahmen auf die Reputation der von Krisen betroffenen Unternehmen auswirken.
Auf Basis der Unternehmensberichterstattung in Schweizer Medien (ca. 250'000 Medienbeiträge über die 125 grössten Schweizer Unternehmen) wurden zwischen 2008 und 2018 systematisch über 600 Krisenfälle identifiziert und inhaltlich beschrieben. Die 308 Fälle mit Bezug zu Compliance-Fragen wurden anschliessend vertieft analysiert. Dazu wurden übergeordnete Eigenschaften wie Branchenzugehörigkeit und Krisentyp sowie verschiedene Krisen- und Kommunikationsreaktionsstrategien des Unternehmens erfasst. Die Medienberichterstattung (14'581 Medienbeiträge) zu diesen Krisenfällen wurden mittels einer manuellen Inhaltsanalyse vertieft untersucht. Dabei wurden unter anderem die Bewertungen der Unternehmen, der Einfluss der Unternehmenskommunikation auf die Berichterstattung, die Resonanz in verschiedenen Medientypen sowie die Verweise auf die Social-Media-Kommunikation erfasst.
Die Resultate der grossangelegten diachronen Studie zeigen, dass die Branchen der Schweizer Wirtschaft unterschiedlich stark von Compliance-Krisen betroffen sind. Die Bankenbranche ist am stärksten betroffen, die Pharma- und die Rohstoffindustrie sind ebenfalls überdurchschnittlich oft von Compliance-Krisen betroffen.
Als wirksames Instrument des Krisenmanagements in Compliance-Krisen erweisen sich Massnahmen, die über rein kommunikative Massnahmen hinausgehen, d.h. auf der Handlungsebene ansetzen und einen Bezug zur Compliance und den durch die Krise verursachten Schäden haben. Die Überarbeitung der Compliance-Richtlinien (Verhinderung künftiger Schäden) und Kompensation für Betroffene (Behebung vergangener Schäden) wirken sich statistisch nachweislich mildernd auf den Krisenverlauf aus. Die beiden Massnahmen führen zwar aus Sicht der betroffenen Unternehmung zu mehr Beachtung, aber gleichzeitig auch zu einer positiveren Bewertung der Ereignisse. Über eine aktive und transparente Kommunikation können Unternehmen zudem erreichen, dass die Bewertungen in den Medien weniger negativ ausfallen.
Massnahmen mit hohem Nachrichtenwert, wie zum Beispiel die Entlassung von Angestellten führen zu mehr Resonanz, vermögen in der Regel die Kritik in Form von Negativbewertungen aber nicht abzumindern. Auch Stellungnahmen von ranghohen UnternehmensvertreterInnen, namentlich von VR oder CEO, führen regelhaft zu höherer Beachtung für den Krisenfall, ohne jedoch die Bewertung positiv zu beeinflussen. Solche Strategien sind somit mit Vorsicht einzusetzen.
Insgesamt hat das Forschungsprojekt verschiedene wichtige und auch neuartige Befunde zutage gefördert, die für die Wirtschaftspraxis, insbesondere für Kommunikations- und Compliance-Verantwortliche, wichtige Hinweise geben, wie sinnvoll mit Compliance-Krisen umzugehen ist, um Reputationsschaden zu vermeiden, abzuhalten oder zumindest nicht zu vergrössern.