Krisenereignisse wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg haben die Medienagenda in den letzten Jahren stark geprägt. Dies kann dazu führen, dass manche Menschen diese Themen bewusst vermeiden. Gleichzeitig nimmt die Bedeutung der Plattformen für die Newsnutzung insbesondere bei jüngere Altersgruppen weiter zu. Der Reuters Digital News Report gibt Aufschluss über die Entwicklung der Newsnutzung in 46 Ländern, darunter die Schweiz. Die repräsentative Befragung wurde Ende Januar/Anfang Februar 2023 durchgeführt. Als Kooperationspartner fasst das fög die wichtigsten Befunde für die Schweiz in einem separaten Länderbericht zusammen.
Die wichtigsten Resultate für die Schweiz sind:
- Das Interesse an Nachrichten hat auch in der Schweiz weiter abgenommen. Weniger als die Hälfte der Schweizer:innen (46%) interessiert sich noch sehr für Nachrichten – das sind 4 Prozentpunkte (PP) weniger als im Vorjahr und 11 PP weniger als vor zwei Jahren. Im internationalen Vergleich ist der Rückgang des Interesses in der Schweiz allerdings nicht so stark ausgeprägt. Zudem sagen 39%, dass sie „einigermassen“ an News interessiert seien.
- 33% der Schweizer:innen sagen, dass sie manchmal oder sogar oft aktiv Nachrichten vermeiden. In der Schweiz gibt es zwar weniger solche „News Avoiders“ als in anderen Ländern, aber ihre Zahl hat seit 2017 zugenommen. Nachrichtenvermeidung bedeutet aber nicht unbedingt eine grundsätzliche Abstinenz von News. Rund ein Drittel der „News Avoiders“ vermeidet jedoch bewusst bestimmte Themen, vor allem zum Krieg in der Ukraine oder zur Covid-19-Pandemie.
- Digitale Kanäle sind für rund die Hälfte der Schweizer:innen die wichtigsten Informationsquellen. Für 37% sind Websites von Informationsmedien am wichtigsten, für 16% sind es Social Media. Im Vergleich zu 2016 haben diese Kanäle insgesamt um mehr als 10 PP an Bedeutung gewonnen. Das Fernsehen bleibt aber für 28% der Befragten die wichtigste Nachrichtenquelle.
- Die Nutzung von Nachrichtenkanälen hängt stark vom Alter ab. Für ältere Personen ab 55 Jahren ist das Fernsehen die Hauptinformationsquelle (41%). Bei den jungen Erwachsenen zwischen 18-24 Jahren sind Social Media (41%) bereits wichtiger als Newssites (37%).
- Online werden die Nachrichten multimedial in Textform, als Video- oder Audio-Beiträge genutzt – und die Menschen haben unterschiedliche Präferenzen für diese Formate. 55% bevorzugen Online-News im Text-Format, 21% bevorzugen es, Online-News zu schauen, und 11% zu hören. Während die Präferenz für Video über die Altersgruppen hinweg stabil ist, gibt es bei den Jüngeren (16%) deutlich mehr Menschen als bei den älteren Altersgruppen (6%), die Online-News bevorzugt hören.
- WhatsApp (26%) und Facebook (22%) bleiben trotz Rückgang um einige Prozentpunkte für die Schweizer:innen die wichtigsten Plattformen für die Newsnutzung, zusammen mit YouTube. Während YouTube gleichmässiger über die Altersgruppen hinweg verbreitet ist, spielt Facebook für Personen ab 55 (28%) eine wichtigere Rolle als für die jüngste Altersgruppe zwischen 18 bis 24 Jahren (8%). In dieser Altersgruppe sind Instagram (35%), Twitter (15%), TikTok (14%) und Snapchat (12%) als News-Kanäle viel stärker vertreten als in den anderen Altersgruppen.
- Die grossen Plattformen finden sowohl mit Hardnews wie Politiknachrichten als auch mit Softnews wie Sport und Lifestyle ein Publikum – aber mit gewissen Unterschieden. Auf Twitter und YouTube ist die Gruppe der Hardnews-Nutzer:innen grösser, auf Instagram und Snapchat die Gruppe der Softnews-Nutzer:innen. Auf Facebook und Tik Tok sagen jeweils ungefähr gleich viele Menschen, dass sie Hardnews- und Softnews-Themen nutzen.
- Insgesamt vertrauen 42% der Schweizer:innen dem Grossteil der Medien. Das ist im internationalen Vergleich ein leicht überdurchschnittlicher Wert, auch wenn das Medienvertrauen in den letzten beiden Jahren abgenommen hat.
- Öffentliche Medien wie SRF und RTS sind für 53% der Befragten persönlich wichtig. 61% finden, dass diese Medien für die Gesellschaft wichtig sind. Vor allem Menschen, die den Medien grossteils vertrauen (79%) oder die SRF und RTS regelmässig nutzen (70%), erachten öffentliche Medien als für die Gesellschaft relevant.
- Anders als in Ländern wie den USA ist die Polarisierung des Schweizer Medienpublikums tief. Linke, rechte und sich in der Mitte positionierende Schweizer:innen nutzen mehrheitlich dieselben Medien, allen voran die Informationsangebote der SRG oder von 20 Minuten bzw. 20 minutes.
- Die Zahlungsbereitschaft hat in der Schweiz zwar von 10% im Jahr 2016 auf aktuell 17% zugenommen. Im internationalen Vergleich mit relativ ähnlichen Ländern ist dies ein durchschnittlicher Wert. Doch im Vergleich zum Vorjahr stagniert die Zahl der Menschen, die im letzten Jahr für Online-Nachrichten bezahlt haben.
- Unter bestimmten Bedingungen sind Nutzer: innen bereit, für Online-News zu bezahlen. Die Erwartungen sind jedoch vielfältig. Von den Personen, die aktuell kein Geld für Online-News ausgeben, würden sich 24% bei günstigeren Preisen zum Zahlen motivieren lassen, 19% bei besseren und relevanteren Inhalten, 19% bei weniger oder keiner Werbung im News-Angebot, oder 14%, wenn es mehr exklusive Inhalte gäbe.
Zum gesamten Länderbericht Schweiz 2023 (PDF, 929 KB).
Zum internationalen Reuters Digital News Report 2023.
Seit 2012 erfasst der Reuters Institute Digital News Report jedes Jahr auf der Grundlage einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung in mehreren Ländern verschiedene Aspekte der Mediennutzung. Verantwortlich ist das Reuters Institute for the Study of Journalism der University of Oxford. 2023 wurden 46 Länder aus sechs Kontinenten untersucht. Die Schweiz ist seit 2016 Teil dieser Untersuchung und das fög – Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich offizieller Kooperationspartner.